Fratres - Arvo Pärt
In den 1970er Jahren erlebt der estnische Komponist Arvo Pärt eine existentielle Krise. Der tief spirituelle Dissident ist im Begriff, eine große Entdeckung zu machen.
Als ich um das Jahr 2003 in München einem CD-Verkäufer beschrieb, welche Art Klaviermusik ich mag, damit er mir eine Empfehlung machen konnte, drückte er mir „Für Alina“ von Arvo Pärt in die Hand. Ich habe die berückend schöne und zerbrechlich simple Komposition in den Folgewochen eckig gehört. Ich war in einem sagenhaft nervenaufreibenden Softwareprojekt beschäftigt, das mich oft zwölf, manchmal aber auch 30 Stunden am Stück am Rechner hielt.
Auf dem Rückweg durch den vereisten englischen Garten, mit der leicht halluzinogenen Grundstimmung, die durch krassen Schlafmangel entsteht, irrlichterte ich zu Arvo Pärt durch München zurück ins Hotel. Schöne Zeiten.
Dass Arvo Pärt zu seiner ganz eigenen Kompositionsform durch eine tiefe existentielle Krise fand, die nicht etwa ein paar Wochen oder Monate, sondern über viele Jahre anhielt, wusste ich damals nicht. Als Autor und Künstler hätte mir das Beispiel Pärts, der in einer beeindruckenden Mischung aus Verzweiflung und passiver Hingabe diese Blockade durchstand, sehr geholfen.